Orange Day, der Tag gegen häusliche Gewalt – und was kommt danach?

Ein neues Hilfsangebot in Mittelsachsen: Vertrauliche Spurensicherung für Opfer häuslicher und sexualisierter Gewalt

Vor drei Wochen machte der Orange Day auf Gewalt gegen Frauen aufmerksam. Verschiedene Aktionen in Mittelsachsen haben dazu beigetragen, auf die hohen Opferzahlen häuslicher Gewalt aufmerksam zu machen, zu sensibilisieren und Handlungsbedarf zu formulieren.
Auf Bundesebene werden derzeit Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen diskutiert und Strategien vorgelegt, so auch die Gewaltschutzstrategie nach der Istanbul-Konvention. Diese folgt inhaltlich dem Vier-Säulen-Prinzip der Istanbul-Konvention:

  • Gewaltprävention,
  • Gewaltschutz,
  • effektive Strafverfolgung und
  • ein umfassend koordiniertes Vorgehen bei der Umsetzung.
Darüber hinaus ist die Einrichtung einer Koordinierungsstelle auf Bundesebene geplant, die die Maßnahmen der Bundesregierung zum Gewaltschutz bündelt und besser aufeinander abstimmt. Sie soll sicherstellen, dass Nichtregierungsorganisationen und Zivilgesellschaft einbezogen werden.

Häusliche Gewalt hat viele Gesichter

Häusliche Gewalt umfasst alle Formen von Misshandlungen. So gibt es zum Beispiel seelische, körperliche und sexuelle Formen. Dies kann innerhalb bestehender oder in ehemaligen Beziehungen stattfinden.

Sexualisierte Gewalt

Unter sexualisierter Gewalt werden Nötigung, Vergewaltigung, Missbrauch, pornografische Handlungen sowie alltägliche sexuelle Belästigungen verstanden. Diese stellen Übergriffe auf die körperliche und seelische Stabilität der Betroffenen dar.

Betroffene von Sexualstraftaten oder häuslicher Gewalt befinden sich in einer Ausnahmesituation. Vielen fällt es schwer, Entscheidungen zu treffen. Für ein mögliches Gerichtsverfahren, auch zu einem späteren Zeitpunkt, benötigen sie eine gerichtsfeste Dokumentation. Deshalb sollten alle Spuren, wie beispielsweise getragene Kleidung, Blutergüsse und Hautverletzungen möglichst schnell und unmittelbar nach dem Übergriff gesichert werden. Dies ist bei Sexualstraftaten besonders wichtig. So ist eine Strafverfolgung auch zu einem späteren Zeitpunkt möglich.

Vertrauliche Spurensicherung

Die vertrauliche Spurensicherung ist gerade für Betroffene von sexualisierter Gewalt, das betrifft sowohl Frauen als auch Männer, ein unverzichtbares Verfahren, bei dem gerichtsfeste Beweise gesichert werden, ohne dass sofort eine polizeiliche Anzeige erstattet oder ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden muss. Sie ist deshalb so wichtig, weil Betroffene von sexualisierter Gewalt oft nicht sofort entscheiden können, ob sie Anzeige erstatten und damit ein Strafverfahren in Gang setzen wollen. Grund dafür sind Schock, Angst und Scham der Betroffenen nach dem Erleben sexualisierter Gewalt. Auch die Untersuchung kann zusätzlich eine starke psychische Belastung darstellen.

Der Unterschied zur herkömmlichen Spurensicherung durch die Polizei ist, dass Betroffene Spuren des Übergriffs anonym und ohne Anzeige zu erstatten, aufnehmen lassen können. Dies senkt die Hürde und ermöglicht es ihnen zu einem späteren Zeitpunkt, wenn sie bereit dafür sind, auf die Daten zurückzugreifen. Jeder Spurensicherung geht jedoch eine eventuell akut notwendige medizinische Versorgung voraus.

Neues, vertrauliches Angebot für Opfer häuslicher und sexualisierter Gewalt im Kreiskrankenhaus Freiberg gGmbH

Krankenhäuser sind eine erste und wichtige Anlaufstelle für Betroffene. Deshalb haben die Kinderklinik, die Frauenklinik und die Zentrale Notaufnahme des Kreiskrankenhauses Freiberg ein einheitliches Vorgehen zur Unterstützung von Gewaltopfern erarbeitet.
Betroffene von häuslicher – insbesondere sexualisierter – Gewalt sollten sich umgehend in ärztliche Behandlung begeben, auch wenn keine sichtbaren Verletzungen erkennbar sind. Da Gewaltspuren mit der Zeit verblassen, ist es wichtig, Verletzungen zu dokumentieren und als Beweismittel für die Zukunft zu sichern.

Für Gewaltopfer ist es mitunter schwierig ist, sich sofort zu entscheiden, ob sie das Erlebte zur Anzeige bringen möchten oder dies eventuell zu einem späteren Zeitpunkt tun möchten. Mit dem Angebot der vertraulichen Spurensicherung ist es möglich, die Spuren sofort zu sichern und anonym im Kreiskrankenhaus Freiberg zu lagern oder in die Rechtsmedizin zu bringen, um sie gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt (bis zu vier Jahre nach der Tat) für eine Anzeige zu nutzen.

Detaillierte Informationen zum Ablauf der vertraulichen Spurensicherung im Kreiskrankenhaus Freiberg finden Sie hier.

Weitere Unterstützungsangebote für Opfer häuslicher und sexualisierter Gewalt

KOINS Mittelsachsen

Koordinierungs- und Interventionsstelle zur Bekämpfung häuslicher Gewalt und Stalking
Petersstrasse 13
09599 Freiberg
03731 7744350

Bellis e.V.

Opferschutz und Gewaltprävention
Bornaische Straße 18
04277 Leipzig
0341 39285560

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